Zum zweiten Mal Heiraten ist nichts Aussergewöhnliches mehr, zum fünften Mal schon. Gleiten wir in eine Zeit, in der häufiges Heiraten normal wird? Was ist davon zu halten? Woher kommt dieser Trend, und welche Auswirkungen hat er auf eine Gesellschaft? Kann man etwas tun, damit Ehen besser zusammenhalten und auch langfristig glücklich sind? Diesen Fragen bin ich nachgegangen und habe keine einfachen Antworten gefunden, doch Denkanstöße, die nicht nur auf mögliche Antworten weisen, sondern auch für das persönliche Leben jedes Einzelnen enorm hilfreich sein können.
Normalerweise wird mehr vom Guten immer besser, doch bei der Heirat empfinde ich es andersherum. Die erste Heirat ist die Hochzeit, im Sinne von „die hohe Zeit“ im Leben eines Menschen. Mehr von solchen hohen Zeiten, nehmen jedem Ereignis ein Stück von seiner Höhe, nicht nur dem nächsten, sondern allen. Die fünfte Hochzeit signalisiert von der ersten, wie allen anderen, nur ein leeres Versprechen gewesen zu sein. Es gibt Ausnahmen. Wenn beispielsweise die erste große Liebe gestorben ist und die zweite auch, die dritte war vielleicht der Trauer geschuldet, die vierte war ein Kompromiss und die fünfte ist ein Wunder, sie ist nämlich wie die erste. Jeder kann dann den ernsthaften Wunsch, mit dieser erneuten Hochzeit den Bund fürs Leben zu besiegeln, verstehen.
Doch auch wenn niemand gestorben ist, gibt es Pechvögel, wie der Amerikaner, der gleich fünfmal vom Blitz getroffen wurde. Der Mensch ist fehlbar. Es gibt Fälle, da hat der zum fünften Mal Heiratende viermal daneben gegriffen und hofft, nun aber endlich auf ein ewiges Glück.
Trotzdem, alles hat seine Zeit, auch die Hochzeit. Ist ihre Einmaligkeit überschritten, dann leidet das, was an ihr heilig ist. Zu zweit Eins-sein wollen ist das Versprechen, das die Ehe so besonders macht. Besteht der Verdacht, dass diese Motivation keine tragende Rolle bei der Eheschließung spielt, was einem bei der fünften Ehe durchaus in den Sinn kommen kann, dann wird sie profan und gleitet auf das Niveau einer amüsanten Party. Der Mann verliert an Glaubwürdigkeit und die Frau an Würde.
Vielleicht habe ich deswegen, mit diesen Gedanken im Hinterkopf, ein unbequemes Gefühl, wenn ich höre, dass jemand zum fünften Mal heiraten will. Ich möchte nicht, dass dieses Beispiel Schule macht. Ich möchte mir die Hoffnung, mit der Ehe ein kleines Stück von diesem hohen Gefühl des Heil-seins zu erhaschen, nicht nehmen lassen. Denn was ist das anderes als – Liebe.
Das Versprechen bei der Hochzeit, ab nun zusammenzugehören, sollte, wenn irgend möglich, eingelöst werden. Der ehrliche Wunsch sollte vorhanden sein – und eine gewisse Bereitschaft, dafür etwas zu tun. Was zu tun ist, heißt zu allererst, sich auf den anderen einzulassen, ihm zuzuhören, seine Wünsche ernst zu nehmen und, wenn es geht, sie auch zu erfüllen.
Warum nicht immer wieder neues Glück?
Doch warum eigentlich? Warum sollte sich jeder die Mühe machen, auf den anderen einzugehen? Wäre es nicht leichter, sobald die Ehe eine gewisse Glücksschwelle unterschreitet, sich nach neuem Glück umzuschauen?
Ich meine nein, weil dann beide Geschlechter auseinander driften und sich bald in zwei feindlichen Lagern gegenüberstehen werden. Die Männer werden sich zunehmend unverbindlichem Sex zuwenden und die Frauen werden sich von Männern verletzt fühlen und sich mit ihren Kindern, sofern sie welche haben, zurückziehen und alleine sein. Glück wird für alle selten. Eine solche Gesellschaft wird traurig, müde und schwach.
Damit das nicht geschieht, ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass das Glück in einer Ehe Bestand hat, und dafür sollte sich jeder mit den Bedürfnissen des anderen auseinandersetzen. Das ist anstrengend, doch das Ergebnis lohnt sich. Ein Mann, der durch die Schule seiner Frau gegangen ist, wirkt anders als jemand, der sich nicht dieser Mühe unterzogen hat. Ein solcher Mann erweckt den Eindruck, als sei er größer geworden und innerlich stärker, und wenn er sie mit Bravour durchlaufen hat, für Frauen attraktiver. Man stelle einen Ehemann und Familienvater nach einer – sagen wir mal – vierzigjährigen Ehe neben einen Junggesellen des gleichen Alters und vergleiche beide.
In den allermeisten Fällen wird der Junggeselle so wirken, wie es der Name schon sagt, er ist ein junger Geselle geblieben, mit Eigenschaften, die man für einen jungen Mann durchgehen lassen kann. Meist ist bei ihm die Fähigkeit, Verantwortung zu tragen, erst wenig ausgeprägt. Seine Liebe zur Freiheit und Ungebundenheit hingegen wird kaum zu übersehen sein, was einen gewissen negativen Einfluss auf seine Stetigkeit und Verlässlichkeit bewirken mag. Bei ihm ist eher eine geringe Neigung, vielleicht sogar Abscheu vor verbindlicher Liebe anzutreffen, und wenn es um Gefühle überhaupt geht, insbesondere Mitgefühl, dann findet er sie entbehrlich bis störend. Hervorstechen hingegen wird seine hohe Neigung zu unverbindlichem Sex.
Natürlich gibt es auch Junggesellen, die mit dieser Beschreibung so gar nicht getroffen sind. Aber ich spreche von Tendenzen. Ein solcher tendenzieller Junggeselle wird aufgrund seiner Freiheitsliebe vermutlich jemandem, der fünfmal seine Angetraute gewechselt hat, versteckt applaudieren. Offen wird er es sich vielleicht nicht trauen, denn er befürchtet zu Recht den Zorn mancher Frauen, die er ja, wenn auch nur zum Wechseln, hin und wieder braucht.
Grundlegender Unterschied zwischen Mann und Frau.
An dieser Stelle offenbart sich ein grundlegender Unterschied zwischen Mann und Frau. Die Merkmale des eben beschriebenen Junggesellen lassen sich durch die „ewige Angst“ des Mannes vor der Frau erklären, seiner leidigen Scheu vor echter Nähe. Sie gehört zu den Grundfesten des Mensch Seins. Kaum eine Frau kennt keinen Mann, der nicht Angst vor Nähe hätte. Es ist gerade die Aufgabe des Mannes, diese Angst zu überwinden. Jede Frau, die ihren Mann liebt, schubst ihn, ob bewusst oder unbewusst, in diese Richtung. Lässt er sich bewegen, dann treten die junggeselligen Eigenschaften zurück und er mutiert Schritt für Schritt zum „Helden“ – zumindest fühlt es sich für ihn und für seine Frau so an, wenn er seine Urangst besiegt hat.
Das tiefe unverrückbare Wesen einer Frau
zu erklären, fällt schwerer, weil wir es hier mit einer Doppelnatur zu tun haben, bei der der eine Strang für jeden offensichtlich ist, der andere aber im Dunkeln, im Unbewussten liegt. Die offensichtliche bewusste Seite ist die, der heute die allermeisten Frauen folgen. Sie wollen emanzipiert, wirtschaftlich unabhängig sein und „ihren Mann“ stehen.
Die verborgene Seite ihres Wesens spricht allerdings eine andere Sprache, eine ganz andere. Denn was eine Frau sichtbar und ganz offensichtlich will, dem steht eine dunkle Kraft gegenüber, die exakt in die andere Richtung zielt. So kann es dazu kommen, dass eine Frau bewusst das eine will, weil sie es vernünftig findet, und am Ende doch das andere tut, weil es sich richtiger anfühlt.
Die helle Seite orientiert sich an den realen Gegebenheiten in der Welt, und die dunkle Seite zielt auf ein tief verborgenes Empfinden, das in Sphären hinaufreicht, die nicht mehr von dieser Welt sind. Hier ist alles eins, von hier kommt die felsenfeste Gewissheit, dass Einheit gut ist und Liebe verspricht. Dorthin zu streben lohnt sich, denn hier ist die Quelle allen Lebens, die höchste Energie, aus der sich alles Leben speist.
Doch über dieser alles überstrahlenden Gewissheit liegt bei jeder Frau zunächst ein „dunkler Schleier“, und es ist ihre Lebensaufgabe, sich an den Schleier, und die ganz andere Sprache, die er verbirgt, heranzuwagen, um das Lebendige aus den hohen Sphären herabzuholen und in sich einfließen zu lassen.
Viele Frauen wissen von dieser dunklen verborgenen Seite in ihnen nichts
und schon gar nicht, dass aus ihr die lebendige Energie quillt, die sie zu einer anziehenden weiblichen Frau macht. Wenn der bewunderte Chef eine andere heiratet, die beste Freundin mit ihrem Mann in ein Penthouse zieht und ein Kind bekommt, und der heimlich geliebte Kollege kein Interesse zeigt, und eine Freundin dafür den Grund weiß, er solle gesagt haben: „Ein Mann bin ich selber,“ dann melden sich bei der ein oder anderen Frau Empfindungen, die sie auf diese ganz andere Seite in sich aufmerksam machen wollen. Denn diese andere Seite ist die weibliche Frau in ihr, und sie will auch gelebt werden. So mag sie sich Fragen stellen wie: Hat ihre Karriere etwa ihr Frau-sein gekostet? Hat sie etwas falsch gemacht? Ist sie dabei, ihr Leben zu verpassen? Zu welchen Antworten und Schlussfolgerungen sie kommt, ist individuell verschieden, denn auf ihre weibliche Seite zu wechseln und sich der Quelle anzunähern, aus der sich das Lebendige speist, macht Angst, und jede Frau muss selbst entscheiden, wie weit sie gehen kann.
Auf jeden Fall gibt es eine Kraft in ihr, die will sie in Richtung dieser Quelle ziehen, sie will Einheit, Liebe, Verbundenheit. Sie verspricht ihr Erfüllung. Dieses Bedürfnis, das bei jeder Frau zunächst noch tief verschleiert ist, ist eine der Grundfesten des Frau- seins.
So wie sie dem Mann helfen kann seine Angst vor Nähe zu besiegen, so kann ein Mann ihr helfen, ihre Angst, vor dem Blick hinter den Schleier zu überwinden. Vielleicht nicht jede Frau aber doch erheblich mehr Frauen als heute, werden sich dann leichten Herzens dem inneren Weg zuwenden, wenn ihr – und das ist der springende Punkt – dabei der Weg nach außen, diese andere Seite, die sie ja auch leben möchte, nicht abhanden kommt. Also konkret: Wenn sie sich aufs Frau- und Mutter-sein konzentriert, dann darf es für sie weder wirtschaftliche Einbussen bedeuten, noch darf es dazu führen, dass sie das Gefühl hat, nur noch am Herd zu sitzen und am öffentlichen Leben nicht mehr teilzunehmen.
An dieser Stelle ist der Mann gefordert: Er sollte ihr die Tür zu interessanten Erfahrungen offen halten. Gefordert ist auch sein Bekenntnis zur Treue, denn sonst sollte sich eine Frau auf das Wagnis des Weges nach innen nicht einlassen.
Nur wenn eine Frau – bewusst oder unbewusst – auf die weibliche Seite ihres Wesens umschaltet, kann sie mit ihrem Mann und ihrer Familie immer wieder Erfahrungen der Verbundenheit und Einheit herstellen, dann entfaltet sich in einer Beziehung
eine völlig andere Energie.
Die Anziehungskraft beider nimmt zu, und in der erotischen Liebe sind Hochgefühle möglich, die beiden den „Himmel“ bescheren. Allerdings nur, wenn beide sich trauen, sich ihrer Ur-Angst auch zu stellen. Die Frau muss sich trauen, sich ihrem inneren weiblichen Wesen zuzuwenden und sich darum bemühen, eine geradezu überirdische Einheit in sich selbst zu erreichen. Wenn sie Mutter wird, dann schiebt ihre Natur sie ohnehin in diese Richtung. Das Bild der Mutter Maria mit dem Jesuskind ist ein Symbol für diese Einheit.
Sie sollte sich immer wieder rund und eins mit sich selbst fühlen. Der Mann muss sich trauen, seine Angst vor Nähe zu überwinden und sich darum bemühen, sich mit seiner Frau als Einheit zu empfinden, als ein Paar, das zusammengehört. Wenn beide sich diesen Schritt trauen, erst dann sollten sie zum Traualtar gehen, das wäre ideal.
Fünfmaliges Heiraten?
Wenn ein Mann zum fünften Mal heiratet, dann umweht ihn der Verdacht, dass er die Doppelnatur der Frau für seinen Vorteil ausnutzt. Denn ganz gleichgültig, ob eine Frau emanzipiert und unabhängig sein will oder nicht, ein Teil ihres Wesens ist die Frau, die Verbundenheit und Einheit sucht, verdeckt oder nicht. Es ist der Teil, der unbedingt zum Klingen kommen muss, wenn beide das Glück empfinden wollen, was sich jeder in der Ehe wünscht.
Das Versprechen der Hochzeit gaukelt jeder Frau diese Verbundenheit vor, denn die Hochzeit ist ein Symbol für Verbundenheit und galt in der Vergangenheit darum für die Frau als der schönste Tag ihres Lebens. Dieses starke Signal hat sich bis heute gehalten, die Frau fühlt sich auf einer tiefen emotionalen Ebene verbunden, was meist ausreichend ist für ein anfängliches Glück. Doch unsere Realität entspricht schon längst nicht mehr dem Symbol, denn nach unseren heutigen juristischen Gesetzen sind Mann und Frau vom ersten Tag der Heirat an getrennt geblieben. Vielen Männern kommt das zu pass, denn es nimmt der Hochzeit das, was ihm Angst macht. Frauen merken meist erst später, dass ihr symbolisch bekräftigtes Gefühl der Verbundenheit gar nicht wahr ist. Empfindet sie, von ihm getrennt zu sein, ist sie verstimmt, und in ihrer Würde verletzt. Denn ihr Bedürfnis nach Einheit – ob bewusst oder unbewusst – ist unausrottbar in ihrer Seele verankert.
So wie eine Blüte nicht unabhängig vom Baum blühen kann, so kann auch eine Frau nur in der verläßlichen Verbindung mit dem Mann, sich der überirdischen Einheit öffnen, die das hervorbringt, was beide glücklich macht. Sonst funktioniert es einfach nicht. In dem Maße, wie einer Frau die Wahrheit, von ihm getrennt zu sein, klar wird, in dem Maße verschließen sich die Kanäle. Das Glück in der Partnerschaft wird brüchig.
Jetzt sollten beide miteinander reden und alles dran setzen, das Empfinden der Zusammengehörigkeit wieder herzustellen. Das geht nur, wenn Maßnahmen beschlossen werden, die die Wirklichkeit mit der gewünschten Verbundenheit besser in Einklang bringen. Tun sie dies nicht, wird die Frau sich zurückziehen, ihren Glauben an das große Glück verlieren und nie wieder auf ähnliche Heiratsbedingungen hereinfallen. Der Mann wird sich vielleicht wieder eine Frau suchen, die noch nicht weiß, dass sie bald verheiratet sein wird, wie nicht verheiratet, doch bald wird auch sie aufwachen.
Wäre es daher nicht an der Zeit, sich neu auf uraltes Menschheitswissen zu besinnen? Es ist doch im Grunde so einfach: Jeder bekommt nur, wenn er gibt. Oder wie mir ein Spieler verraten hat: Du musst oben was reinstecken, damit unten was rauskommt. Ja, so einfach ist es letztlich.
Diese Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich las, dass jemand zum fünften Mal zu heiraten beabsichtigt.
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